Weihnachtszeit, Besinnlichkeit,
Zusammen sitzen, Plätzchen backen,
Frieren, vor dem Ofen hocken,
In kleiner Runde, zu später Stunde,
Glühwein trinken, ruhige Lieder singen,
Zwei drei Tage, dann ist sie vorbei, die wunderbare Weihnachtszeit.
Ich muss zugeben, meine dichterischen Fähigkeiten sind noch ausbaubar, aber dieses kleine Werk möchte ich zum Aufhänger nehmen, euch von der Weihnachtszeit hier zu erzählen.
Besinnlichkeit: Mas o menos (mehr oder weniger), vor allem wenn man bedenkt, dass so gut wie an jedem Tag über 11 Tage ab dem 23. Dezember Programm ist … Hier mal ein kleiner Ausschnitt davon:
Freitag, 23.12. Kirusillafest und Tanzwettbewerb der Kinder
Samstag, 24.12. Wettbewerb der Tannenbäume und Krippen; Tanzen der Weihnachtstänze; Heilige Messe; Feuerwerk; Traditionelles Fest
Sonntag, 25.12. Messe; Verteilen von Schokolade und Spielzeug an die Kinder Sopachuys; Tanzwettbewerb; Berühmtes Fest mit Liveband; Traditionelles Fest
Wie ihr merkt, ziemlich oft kommt ‚Fest‘ in dem Programm vor.
Zusammen sitzen: Nein, zusammen tanzen, und wie! An Weihnachten schließen sich Tanzgruppen, sogenannte comparsas, zusammen, bestellen sich ein T-Shirt und geben sich einen Namen und tanzen für das Jesuskindchen von Haus zu Haus. Ich hab mit meinem Krankenhaus in der Gruppe ‚Tukuy sunkus‘ (quechua: tukuy = ganz, alle; sunku = Herz) getanzt. Wir haben uns vor dem Hospital versammelt (z. B. am ersten Weihnachtsfeiertag nach der ‚hora boliviana‘ um sechs statt um vier Uhr abends) und sind von Haus zu Haus getanzt, in denen jeweils eine große Krippe aufgebaut war. Der Tanz, der getanzt wird, heißt Chutunkis und wird ausschließlich an Weihnachten getanzt. Ich würde ihn als ‚Springen und Hüpfen in Zweierpärchen fortgeschritten‘ bezeichnen, da ich bis jetzt immer noch nicht genau dahinter gekommen bin, wie man ihn gut tanzt. Deshalb bin ich dem guten alten Hopserlauf treu geblieben … – aber mitmachen ist alles! In einem Haus angekommen, stellt sich die Tanzgruppe in zwei Reihen gegenüber auf. Dann wird jeweils ein Paar in die Mitte genommen, die Geschenke zur Krippe bringen und dabei möglichst noch eine kleine Show hinlegen. Der ultimative Dancemove ist ein Purzelbaum („golteo“, wie ihr in den Videos hört), der leider in einer ganzen Parade von Purzelbäumen endet. Fängt man einmal an, feuert einen den Rest der Tanzgruppe auf, noch einen für die Partnerin, dann einen für das Kindchen, später einen für die Tanzgruppen etc. zu machen. Während des Tanzes wird den Tanzenden immer noch ein Glas Chicha gereicht. Zusammengefasst: Obwohl ich relativ wenig Plan hatte, war es super, ein Teil einer Tanzgruppe sein zu dürfen … Ein Erlebnis, das man nicht verpassen möchte.
Plätzchen backen: Einmal leider nur, das ist hier nicht verbreitet, genauso wenig wie ein Adventskalender … Dafür freu ich mich jetzt umso mehr auf die Vanille- und Nougatkipferl nächstes Jahr, gell Mami und Papi 😀
Ein typisches Essen hier ist aber ‚picana‘, das wir zusammen auch mit dem Krankenhaus gekocht haben. Hähnchen und Schwein in einer super leckeren Soße mit Maiskolben und Kartoffeln.
Friera, vorm Ofe hocke …: Oh nein, das komplette Gegenteil. Noch nie war ich an Weihnachten in kurzer Hose unterwegs oder im Fluss baden, sehr ungewohnt 😀
In kleiner Runde: Auch alles andere als das! Zumindest einmal im Jahr verwandelt sich klein Sopachuy gefühlt zur Metropole Chuquisacas! Leute aus Sucre, Santa Cruz, Monteagudo … und sogar aus Argentinien und Chile kommen angereist, um dieses Fest hier mitzuerleben. Die Straßen stehen voller Autos, das allein sagt schon alles.
Zu später Stunde: Jaaa, eine Gemeinsamkeit 😀 wobei … Ich glaube, hier wird es doch noch deutlich später als in Deutschland. Am 24. und 25. Dezember abends hat die große Disco bei uns geöffnet, wo man um drei eigentlich noch nicht ans Gehen denken darf. Außerdem hatte eine der comparsas (Freunde) circa sechs große Lautsprecherboxen aufgebaut, die einem beim Vorbeigehen einen Hörsturz verursachen könnten und die auch nicht vor halb sieben morgens ausgemacht wurden 😀
Glühwein trinken: Nein, aber viel viel Bier, Chicha und Kirusilla. Das ist, wenn ich richtig verstanden habe, ein Alkohol, der aus Kakteen in der Nähe Sopachuys gewonnen wird (dafür ist Sopachuy bekannt!) und je länger er steht, desto süßer und ich meine auch hochprozentiger wird.
Und zu guter Letzt, ruhige Lieder singen: Auch wenn man hier Jingle Bells und Stille Nacht kennt, sind das eher nicht die Lieder, die auf den Straßen gesungen werden. Meistens wird der Name der Tanzgruppe gesungen, das Jesuskindchen angesprochen, warum es denn weine, unser Herzelein. Dass wir ihm Limonen und Buñuelos bringen und so lange für es singen und tanzen, bis uns die Lust verlässt (was nicht schnell passiert).
Sodele, das als kleiner Einblick in mein Weihnachten dieses Jahr! Auch wenn es sehr anders war, war es super, alles miterleben zu dürfen. Ich hoffe, ihr hattet alle wunderbare Tage, und einen guten Rutsch ♡♧
Chao chao:*