¡Ayayaaaay baila nena! („Tanz, Mädelchen!“)
Auch wenn unsere fünfte Jahreszeit im schönen „Oilinga“ leider schon vorbei ist, möchte ich euch berichten, wie ich hier Karneval erlebt habe. Genau vor einer Woche war bei uns der Hochpunkt des Festes, bei dem das ganze Dorf teilweise wieder außer Rand und Band zu sein schien. Da Karneval auf dem südamerikanischen Kontinent mindestens genauso stark gefeiert wird wie daheim, haben sich die meisten Freiwilligen überlegt, in Karnevalhochburgen zu reisen, um das Spektakel live mitzuerleben. Oruro steht dabei ganz oben auf der Liste, weshalb viele Freiwillige dorthin gefahren sind. Im Nachhinein hat es sich aber als doch sehr ähnlich zur Entrada in Sucre im September herausgestellt. Die zweite Option, die uns vorgeschlagen wurde, war Corumbá, eine brasilianische Kleinstadt an der Grenze zu Bolivien. Nicht grade der nächste Weg, aber Distanzen machen mir hier sowieso nicht mehr wirklich viel aus. So habe ich mir am Freitag frei genommen und bin mit der Flota um 4.00 Uhr morgens nach Sucre gefahren. Von dort ging es mittags mit dem Flieger nach Santa Cruz. Nach circa 6 Stunden Warten am Terminal de Buses, in denen ich witzige Bekanntschaften geschlossen hab (was für Gestalten man nicht manchmal begegnet… – aber dank eines ecuadorianischem Franzosen, der auf dem Weg nach Brasilien war, hab ich neue Motivation, mich endlich mal ans Charango lernen zu machen), ging es dann über Nacht, zusammen mit den Freiwilligen aus Camiri, nach Puerto Quijarro, der bolivianischen Grenzstadt vor Corumbá.
Und ich muss sagen, das war echt super, eine nochmals ganz andere Seite Boliviens kennen zu lernen. Der erste Punkt ist das Klima. Es ist durchgängig so heiß, dass der einzige Ort, an dem man sich einigermaßen wie ein Mensch fühlt, unter der laufenden Dusche ist. Ansonsten fühlt man sich eher wie eine Dusche selbst. Außerdem gibt es noch viel mehr kleine „Mückenfreunde“ als in Sopachuy. Die Landschaft gefällt mir persönlich super! Alles so grün, Palmen und urwaldlike. Und die Mototaxen, also Motorräder, die herumfahren und die man wie ein Taxi anhalten kann, damit sie einen als Beifahrer kutschieren.
Insgesamt waren wir letztendlich circa 15 Freiwillige, die sich den brasilianischen Karneval ansehen wollten. Wir kamen also Samstag morgen an, Samstag abend begann der Karneval. Bis dahin haben wir uns noch Puerto Quijarro angeschaut und sind später mit dem Bus und zu Fuß (über die Grenze) nach Kolumbien gefahren/gegangen, um uns noch das ‚Pantanal‘, eines der größten, wenn nicht sogar das größte Binnenfeuchtgebiet der Erde anzuschauen. In der Hoffnung, viele Tiere zu sehen, sind wir mit einem kleinen Tuckerboot raus auf das Pantanal. Was wir so gesichtet haben, seht ihr in den Bildern ♡.
Abends haben wir den verschiedenen Tanzgruppen mit jeweils Livemusik und einer Sambatänzerin zugeschaut und später noch andere Livemusik genossen, sodass wir schließlich um sechs Uhr morgens wieder im Haus der Freiwilligen waren. Den Sonntag hab ich dann noch mit Marlene in Corumbá verbracht – und mich fast ein bisschen in die Stadt verliebt :D. Also es lohnt sich echt, diesen Teil Boliviens/Brasiliens zu besuchen. Leider haben wir das Beste des Karnevals, die Sambaschulen, nicht miterlebt. Eigentlich waren wir so informiert, dass sie Samstag Nacht auftreten. Leider war dem doch nicht so, sodass wir am Sonntag abend schon wieder die Flota nach Sucre nehmen mussten. Sonst hätte ich es nicht mehr pünktlich zum Arbeitsbeginn am Mittwoch heim geschafft, denn dienstags sind keine Flotas gefahren. Und außerdem wollte ich noch ein bisschen von dem Karneval in Sopachuy miterleben, der nämlich auch (zumindest von den Dorfbewohnern) hochgelobt wird.
Am Freitag in Sopachuy beginnt der Karneval mit Feiern in Institutionen, einem gemeinsamen Essen und später Wasserbombenschlacht auf der Straße. Chicha darf natürlich auch nicht fehlen. Neben Wasserbomben fliegen auch Eier, gefüllt mit Farbe, durch die Luft. Fies ist es, wenn diese Farbe mit Chicha angerührt wurde. Dann bekommt man die wunderbar pinken Flecken leider nicht mehr aus seiner Kleidung raus :D.
Samstag, Sonntag und Montag ging es weiter mit Festen, aber leider kann ich selbst nicht so viel darüber erzählen, weil ich nicht da war… Dienstag morgen wurden Autos, darunter auch unsere Ambulancias (Krankenwagen), geweiht. Mit Luftballons und Grilanden geschmückte Autos sind danach als Konvoi durch die Straßen gefahren. An jeder Ecke lauern Kiddis mit Schaumsprühdosen und Wasserbomben, auf ihre nächsten Opfer wartend. Eine andere Attraktion sind Pferderennen, bei denen die Reiter, die meistens nur auf einer Decke anstatt eines Sattels sitzen, versuchen, eine kleine Scheibe während des Reitens aufzuspießen. Als Preise warten … tadammmm Chicha und Brote.
Und wie bei Todos Santos (Allerheiligen) öffnen einige Häuser ihre Türen, um für alle Leute, die vorbeikommen und feiern möchten, ein Gericht anzubieten. Abends wird in den Häusern dann meistens noch Alkohol serviert und ordentlich getanzt („baila nena“ soll hierauf anspielen, was soviel heißt wie „Tanz, Mädelchen!“ und oft in den Liedtexten vorkommt, die rauf und runter gehört werden).
An Karneval tanzt man wieder einen anderen Tanz, meist in einem Kreis um eine Art „Gesteck“, das aussieht wie eine Leiter und mit allem Möglichen (halbe Schweine, Colaflaschen, Brot, Wein, Frühlingszwiebeln, Luftballons, …) geschmückt ist. Immer eine Person des Kreises tanzt in Schlangenlinien zwischen den anderen durch, so lange, bis jeder einmal dran war. Danach wird das Feuer eröffnet und mit kleinen Äpfeln geworfen 😀
Also, wie ihr seht, mal wieder ein tolles Fest mit anderen Traditionen, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.
Bis dann, eure Ann-Sophie