Sopachuy - Insel des Teufels

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Seit Mittwoch Abend bin ich nun hier in Sopachuy, auf Quechua (einer der drei indigenen Sprachen) die „Insel des Teufels“ genannt. Dies passt insofern, als dass hier gerade nahezu „teuflisch“ niedrige Temperaturen herrschen. Wir versuchen kräftig, mit zwei Paar Socken (Oma, deine Stricksocken sind Gold wert!), Top, T-Shirt, Rollkragenpulli und Alpacapulli sowie mit Decken bedeckt dem entgegenzuwirken. Aber Handballer können ja bekanntlich auf die Zähne beißen.

Nun aber zurück zu Mittwoch: Um fünf Uhr Nachmittags hat uns Arturo vom Hostel abgeholt und zu dem Ort, wo unsere flota abfährt, gebracht. Die verschmitzten oder amüsierten Blicke der anderen Fahrgäste kann ich angesichts unseres Gepäckhaufens nur zu gut nachvollziehen. Nach circa viereinhalb Stunden Fahrt über größtenteils angenehme, aber auch holprige (Geräusch könnte an einen Kanonenhagel erinnern) Straßen kamen wir im kleinen Sopachuy an. Es hätte nicht besser sein können, denn uns erwarteten nicht nur unsere Gastmutter Mariela, sondern auch ein wunderbar voller Sternenhimmel und als Sahnehäubchen eine Sternschnuppe!

Wohnsituation und Gastfamilie

Vielleicht ein paar Worte zu unserer Wohnsituation. Sara und ich teilen uns ein mittlerweile dekoriertes Zimmer, das andere Zimmer bewohnen die beiden weiteren Freiwilligen Peter und Ariane. Es gibt eine Küche, in der Mariela zwar tolles Essen zaubern kann, aber es doch schwierig wird, auch noch vier Freiwillige mitsamt deren Meinungen, sowie heute einer Sahnesoße, Rührei, Croutons und Nudeln gleichzeitig unterzubringen. Die Küche ist mit dem Ess-/Aufenthaltszimmer verbunden, welches wiederum in direkter Verbindung zu einem nach Außen hin offenen Raum steht. Von diesem Raum geht noch ein Zimmer der Gastmutter sowie eines der Kinder Lenin und Ángeles ab. Das Bad fehlt natürlich auch nicht und wurde auch schon von einer wirklichen Horde Ameisen heimgesucht, oder wohl eher belagert, die wir aber Dank Ameisenköder wieder loswurden.

Lenin ist der Sohn von Mariela,  acht Jahre alt und hat eine Liebe zum Gummitwist und Bälle werfen. Und manchmal kommt er her und umarmt einen einfach.

Ángeles ist zwölf, geht aufs Colegio, wo Peter unterrichten wird, und ist auch sehr liebenswert. Sie spielt gerne Basket- und Volleyball und sobald meine Erkältung weg ist, werde ich mich ihr da gerne anschließen. Außerdem waren wir mit ihr auch schon Brot kaufen und abends Hühnchen mit Reis und Kartoffeln holen.

Unser jüngster Mitbewohner ist die kleine Além von elf Monaten, das Kind der ältesten Tochter Marielas, die in Sucre studiert. Alles in allem haben wir es hier also kuschelig.

Sopachuy

Man glaubt es kaum, wenn man gerade aus dem Fenster schaut, aber am ersten Tag hier war es echt warm! Deshalb haben wir uns ein bisschen aufgemacht und Sopachuy erkundet. Es gibt theoretisch zwei große Flüsse, die haben wir aber leider noch nicht entdeckt, und zwei schöne Plazas. Das Internetcafe haben wir auch schon besucht, produktiv, gell? An einem Abend haben wir Don Carlos, Marielas Vater, in seinem Haus besucht. In seinem Garten wachsen tolle Citrusbäume! Ganz oft begegnen uns hier auch Straßenhunde, Katzen, Hühner oder Schafe. Und bei dem Basket- und Volleyballspiel im kleinen Stadion hier durften wir auch schon zuschauen. Manchmal kamen junge Leute vorbei, die frisch gemachte Kartoffelstampfberge mit Zwiebelsoße, die neben dem Sportplatz auf einem kleinen Grill zubereitet werden, oder Wackelpuddig verkaufen.

Und die Straßen Sopachuys werden gerade asphaltiert, was mich fast an daheim mit den ganzen Baustellen erinnert.

Wenn man ein bisschen aus Sopachuy hinaus läuft, kann man in einer ungewohnten Stille die schöne Landschaft betrachten, in der Sopachuy liegt. Aber Bilder folgen. Am Sonntag ist früh morgens immer Markt, weshalb wir um 7 Uhr loszogen, um frisches Gemüse und ein Hühnchen bei den Verkäuferinnen zu kaufen.

Ansonsten gleichen wir im Moment eher wechselwarmen Geschöpfen, deren Körpertemperatur sich an die der Umgebung anpasst und deren Aktivität bei Kälte heruntergefahren wird, was bei uns im Moment beim Filme schauen endet. Das muss sich aber bald ändern, sonst schäme ich mich für mich selbst.

Yotala

Ach ja, da fällt mir grad ein, ich hab noch gar nicht von unserem Ausflug in das Dorf Yotala erzählt, den wir letztes Wochenende von Sucre aus unternommen haben. Yotala liegt circa eine halbe Stunde Fahrt mit der micro von Sucre entfernt. Wir hatten richtig Glück, denn zu dieser Zeit fand eine Art Dorffest in Yotala statt. Sprich, es gab Umzüge, Prozessionen, folkloristische Tänze … und an dem Tag, als wir da waren, war eine Corrida de Torros, also ein Stierkampf, geplant. Nach und nach füllte sich der Ort des Spektakels, das mit einem Holzlattenzaun abgesteckt war. Das Beunruhigende war, wie der Stierkampf hier abläuft. Ein junger Mann, der sich das zutraut, steigt in den abgesteckten Bereich und wedelt mit seiner Sweatjacke oder einem Tuch. Dabei soll versucht werden, dem Stier ein Halstuch abzunehmen. Wer das schafft, gewinnt Geld. Als es uns dann schließlich zu gruslig wurde für die jungen Herren, schauten wir uns noch weitere Teile des Fests an. Und vor allem an Essensständen fehlte es nicht!

 

Zum Abschluss noch ein kleiner Sopachuy-Hack:

Sopachuy#1: In tiendas (Geschäften), vor denen ein Stuhl mit einem weißen Tuch steht, gibt es Brot zu kaufen.

Bis denne, Ann-Sophie 🙂

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