Hallo ihr Lieben,
es ist vollbracht! Endlich! Wir haben unser lang vorgenommenes, aber irgendwie doch nie realisiertes Aufklärungsprojekt durchgeführt. Endlich liegt der 100er-Pack Kondome nicht mehr nur unnütz in meinem Koffer herum.
Da der Prozentsatz an aufgeklärten Jugendlichen in Sopachuy leider noch recht gering ist und es immer noch zu viele „Teenie-Mütter“ gibt, wollten wir Freiwillige uns der Sache annehmen.
Dabei kam uns zu Hilfe, dass wir gerade mal 18- bis 19-Jährigen, die soeben aus der Pubertät draußen sind, einen anderen Draht zu den Jugendlichen haben als Lehrer oder Krankenhauspersonal. Außerdem haben wir dank unseres Biounterrichts diese Thematik oft genug durchgekaut, um ein gutes Basiswissen vermitteln zu können.
Nichtsdestotrotz hat uns dieses Projekt auch viel Vorbereitung gekostet, insbesondere die Aufbereitung der Themen, aber auch das Besorgen von notwendiger Ausrüstung (z. B. Beamer) oder Anschauungsobjekten (wie Penis- und Vaginamodelle). Dabei hat uns leider die bolivianische „Zuverlässigkeit“ nicht gerade unter die Arme gegriffen.
So weit so gut, letztendlich standen wir Montagmorgen auf der Matte, um ab diesem Tag mit jedem der 14 Kurse der Schule einzeln sowie nach Geschlechtern getrennt unser Projekt zu präsentieren. Ich hätte es nicht gedacht, aber so gut wie immer hatten wir die volle Aufmerksamkeit aller Schüler, wenn wir unsere Themen Pubertät, Hygiene, Rechte, Verhütungsmittel, Geschlechtskrankheiten, Schwangerschaft und Werte im Zusammenleben in einer Beziehung durchgehen.
Besonders der praktische Teil, z. B. wie man ein Kondom überzieht, wurde toll angenommen, aber auch die bislang häufig nicht gegebene Möglichkeit, jegliche Art von Fragen zu stellen (sozusagen wie Doktor Sommer). Neben durchaus kreativen und durchdachten Fragen, deren Antwort man eher im Internet suchen muss, wurden auch Fragen gestellt, die beweisen, dass unser Projekt mehr als notwendig war. Wir versuchten, mit einigen Mythen aufzuräumen, z. B. „Wenn man im jungen Alter Sex hat, wächst der Körper nicht mehr“ oder „Wenn ich mich während meiner Regel dusche, bleibt die Regel aus und auf meinem Bein erscheinen Krampfadern/Besenreiser“. Wir haben herausgehört, dass leider Scham und teilweise auch berechtigte Angst vor Getuschel im Dorf unsere Jugendlichen daran hindern, sich Verhütungsmittel zu kaufen. Vielen Jugendlichen ist es peinlich, offen Fragen zu stellen und sich richtig mit dem Thema auseinanderzusetzen. Sexualität ist damit häufig ein Tabuthema. Andererseits wird zumindest aus meiner Sicht die Sexualität im öffentlichen Leben häufig gezeigt und offen zur Schau gestellt, z. B. in der Musik wie dem Reguetton mit entsprechenden Liedtexten oder in der Art, wie schon Kinder tanzen.
Zusammengefasst finde ich, das Projekt war ein voller Erfolg, notwendig und nützlich für die Schüler. Beim Thema Aufklärung könnte der bolivianische Bildungsplan ein bisschen aufgefrischt werden.
Bis dann, liebe Grüße,
Ann-Sophie