Wiederkehrender Schrei nach Freiheit

Es ist mal wieder so weit, ein Feiertag steht vor der Tür. Aber dieses Mal ist es nicht der Tag des Arbeiters, des Baumes oder des Arztes, es ist vielmehr einer der wichtigsten Tage Boliviens, der Tag Chuquisacas (Departamento, so etwas wie ein Bundesland, in dem auch Sopachuy liegt) und gleichzeitig Jahrestag der Revolution gegen die spanischen Eroberer, die 1809 in Sucre begonnen hatte. So, Monstersatz :-).

Wir schreiben den 24. Mai abends. Eigentlich sollte es um um halb sieben beginnen, aber am Ende ist es doch wieder halb neun, als sich alle Institutionen in den Straßen des Dorfes Sopachuy versammeln. Die meisten haben eine selbst (!) gebastelte Laterne, aus beklebten Plastikflaschen oder ganz kreativen anderen Materialien, dabei. Wohlgemerkt mussten sich auch alle Ärzte hinsetzen und fein säuberlich kleine Zacken der Flagge ausschneiden, um dann bei dem sogenannten Desfile, dem Aufmarsch, in die große Masse der Laternen eintauchen zu können. Nachdem man sich dann irgendwann versammelt hat, läuft man circa 20 Minuten gesammelt durch das Dorf, um zu dem Höhepunkt, dem Marsch auf der Plaza zu kommen. In Reihen und im Gleichschritt läuft man die zwanzig Meter, während die Blaskapelle spielt, Leute klatschen und das ‚Hospital Virgen de Remedios‘ angekündigt wird, um dann nach einem Gruppenfoto selbst dem bunten Treiben zu folgen.

Da unsere weiterführende Schule nach dem 25. Mai benannt ist, haben die Schüler- und Lehrerschaft zur Feier dieses 25. am Abend davor ein großes Event auf unserer Cancha (Sportplatz) organisiert. Traditionelle Tänze, leckeres Essen und eine ‚Misswahl‘ haben das Publikum bis um Mitternacht unterhalten. Doch damit nicht genug. Weil zwei besser als eins ist, wurden wir für den morgigen Tag, also für den 25., um sieben Uhr dreißig nochmals für ein Desfile einbestellt. Da ich dachte, die bolivianische Pünktlichkeit mittlerweile einschätzen zu können, bin ich extra erst auf viertel nach Acht hin. Ungelogen war ich damit aber erst der sechste Anwesende. Als sich schließlich mehr Leute, dieses Mal in feinen Kostümen und Anzügen, versammelt hatten, ging auch das Krankenhaus zu dem Platz, wo sich wieder die Institutionen trafen, um Reden des Bürgermeisters zu hören und verschiedene Hymnen zu singen. Danach wieder Desfile auf der Plaza, Gruppenfoto und Auflösen der Gruppe. Verschiedene Gerichte wurden zur Feier des Tages angeboten, denen mein Gaumen leider nicht widerstehen konnte. Die bolivianische Küche ist einfach zu gut.

Kurz gesagt, das ganze Land und vor allem Chuquisaca rastet am 25. Mai aus. Wenn man von oben aus der Vogelperspektive auf unser Departamento schauen würde, könnte man bestimmt in jedem Minidorf die ganze Bevölkerung auf den Straßen aufmarschieren und Blaskapellen spielen sehen. Sähe bestimmt lustig aus.

Doch warum das Ganze? Was geschah damals?

Als 1532 der spanische Eroberer Pizarro nach Lateinamerika und Bolivien kam und das Land einnahm, bedeutete dies den Untergang des Inkareichs und die Unterdrückung der indigenen Bevölkerung.

Gerade mit Bolivien, das damals noch als ‚Hochperu‘ zu Peru gehörte, hatten die Spanier einen guten Fang gemacht. Bolivien ist und war noch viel reicher an Bodenschätzen. Vor allem die Silberminen Potosís beglückten die Spanier. Fast zwanzig Jahre konnte dieses Silber den Staatshaushalt Spaniens zu einem Großteil finanzieren. Für die Bevölkerung bedeutete das jedoch ein Leben und Arbeiten unter schlimmen Bedingungen. Die Bevölkerung schrumpfte fast auf die Hälfte, ebenfalls innerhalb von zwei Jahrzehnten. Revolutionsansätze oder Unruhen wurden niedergeschlagen. Doch, tadadadaa, ging der 25. Mai 1908 schließlich in die Geschichte ein. Unter der Führung Simon Bolivars, nach dem später Bolivien benannt wurde, begannen am 25. Mai in Sucre die erfolgreichen Freiheitskämpfe gegen die spanischen Eroberer.

So, das wars erstmal zu dem heutigen Tag, ich geh jetzt wieder feiern. Oder essen 😉

Weiterschmökern